Freitag, 8. Mai 2009

Abenteuer am Titicacasee

Letzte Woche machten wir uns zu zehnt auf zum Titicacasee, um dort meine Kollegin Melitta bei der bevorstehenden Schulkampagne auf Capachica, einer Halbinsel am Titicacasee zu unterstützen. Auch dort unterstützt viSozial bzw. viventura 5 verschiedene soziale Projekte. Man kann diese jedoch keineswegs mit den Projekten, die ich hier in Arequipa betreue, vergleichen. Die Menschen auf Capachica sind in aller Regel Bauern, leben in einfachsten, aber wunderschönen grünen Verhältnissen, haben vielleicht eine Ziege oder ein Schwein und sind vor allem durchaus zufrieden mit dem, was sie so haben. Wir durften eine Gemeinde, zwei Grundschulen, einen Kindergarten und ein Blindenzentrum (in Puno) besuchen und dort die mitgebrachten Schulutensilien, Fliespullis und kleine Snack verteilen. In jedem Projekt wurden wir mit offenen Armen empfangen und keine der Gemeinden ließ es sich nehmen, uns ein Festmahl, meist bestehend aus Kartoffeln, Fisch und Gemüse, zu servieren. Somit mussten wir stets zwei Mal zu Mittagessen bevor es am Abend nochmals ein Festmahl gab. Llachon, eine der Gemeinden, bekannt für seine vielen Musiker, bereitete uns gar ein Willkommenskonzert und traditionelle Tanzaufführung, währenddessen wir uns auf dem Schulhof einen fetten Sonnenbrand zuzogen. Kein Wunder in fast 4000 Meter Höhe. Auch die Dorfältesten oder auch der Rat der Weisen war gekommen, um uns mittags mit einer Kiste Bier zu danken und die mitgebrachten Instrumente für die Schulband mit Bier zu segnen. Am Abend hieß es, noch mehr essen, am Lagerfeuer zusammensitzen und schließlich todmüde in eines der Betten in der gemütlichen Lehmhäusern der dort ansässigen Familien zu fallen. Das Blindenzentrum in Puno hat mich persönlich ebenfalls sehr beeindruckt, da uns die Jungs und Mädels offen und stolz gegenübertraten, sich gegenseitig abtasteten, um festzustellen, dass auch jeder das gleiche Geschenk (eine Fließjacke und Schulutensilien) bekommen hat. Als Dankeschön trällerten sie ein Lied, spielten Keyboard und forderten meine Kollegin prompt zum Tanzen auf. Unglaublich, was diese Jungs trotz ihrer Behinderung alles können...
Voller schöner Erinnerungen hieß es am Abend des zweiten Tages Abschied nehmen. Ein Teil meiner Kollegen fuhr zurück nach Arequipa, wir Praktikanten und Steffen dagegen nutzten die Gelegenheit, dass ein verlängertes WE bevorstand und blieben in Puno am Titicacasee. Abends wurde mit lecker Pizza etwas in meinem Geburtstag reingefeiert. Seit 10 Jahren jedoch das erste Mal ohne Alkohol, da uns ja zwei Tage später unser großer Schwimmwettbewerb bevorstand...
Also fuhren Steff und ich am 1.Mai weiter nach Copacabana auf der bolivianische Seite am Titicacasee und stüzten uns dort todesmutig zum ersten Mal in das 12 Grad kalte Wasser des Titicacasees. Die ersten Schwimmzüge kosteten viel Kraft und wir spürten nichts mehr von den 4 oder 5 Mal, die wir in Arequipa im Schwimmbad geübt hatten. Etwas entmutigt, erholten wir uns in einem wunderschönen Hostel  mit Hängematten und Blick auf den See bevor es am nächsten Morgen gemeinsam mit meinen Mitpraktikanten auf die Isla del Sol ging. Dort angekommen, begutachteten wir die Stelle, von der aus wir am nächsten Tag die 7km zur weit entfernt liegenden Isla de la luna schwimmen sollten. Es sah schon ganz schön weit aus. Nichts desto trotz erklommen wir die 400 Höhenmeter der Insel, um auf der anderen Seite in eine geschützte Bucht abzusteigen und dort ein weiteres Probeschwimmen abzuhalten. Dieses gelang uns bereits besser, da wir uns allmählich an die 4000 Höhenmeter und das eiskalte Wasser gewöhnen zu schienen. Nach 25 Minuten und ca. 800 Metern waren wir guter Dinge, die harte Probe am Folgetag zu bestehen. Also gings zurück nach Copacabana zum Treffen mit unseren Mitstreitern, bei dem letzte Anweisungen gegeben wurden und ärztliche Checks der Teilnehmer vorgenommen wurden. Alle 23 Teilnehmer waren fit, so dass wir am nächsten Morgen in aller Frühe wiederum die zwei Stunden Bootsfahrt zur Isla del sol auf uns nehmen konnten. Super nervös kamen wir an, plötzlich doch verunsichert, ob wir es schaffen können... Doch es blieb nicht viel Zeit zum Grübeln, denn nach einer kurzen Diskussion bzgl. des Startgeldes, welches plötzlich erhöht werden sollte, hieß es auch schon: Alle Mann ins Wasser zum Akklimatisieren. Wir, Steffen, Alivey (unsere mexikanische Freundin) und ich gingen als einzige Staffel an den Start, so dass wir gute Chancen hatten, auch tatsächlich in unserer Kategorie zu gewinnen. Ich musste als erste ins Wasser: Nach wenigen Minuten des Gewöhnens ging es dann auch schon los. Alle 23 Teilnehmer kraulten los, in Richtung Isla de la luna, die man weit entfernt, am Horizont erahnen konnte. Nur ich, schwamm gemütlich im Bruststil los und fand bereits nach kurzer Zeit mein Begleitboot, auf dem mich mein Staffelteam, Martin, der Rudermann und sein kleiner Sohn anfeuerten. Die ersten 20 Minuten waren wir erwartet eine Quälerei, doch nach und nach fand ich meinen Rhytmus, so dass ich nach einer Stunde als der Wechsel anstand, noch weiter hätte schwimmen können. Aber so war es vereinbart: jeder schwimmt ca. eine Stunde, muss in dieser Zeit 2,5 km zurücklegen, damit wir den strengen Zeitplan einhalten konnten. Also ging Alivey ins Wasser und ich ins Boot. Nur leider kam unsere mexikanische Freundin so gar nicht in ihren Rhytmus, so dass wir sie nach ca. 10 Minuten kreidebleich und Höhenkrank aus dem Titicacasee fischen musste. Da ich nicht mehr schwimmen durfte, musste Steffen schnell ins Wasser und somit die verbleibenden 4,5 km alleine schwimmen. Was keiner für möglich gehalten hätte (da wir nie so viel trainiert hatten), machte er wahr. Er schwamm und schwamm und schwamm (abwechselnd Brust und Kraul) und erreichte tatsächlich nach insegsamt nach 3 Stunden und 10 Minuten die Isla de la luna und somit das Ziel!!! Stolz wie Oskar wurden wir von einigen bereits angekommenen Schwimmern auf einem Boot der Marine empfangen. Einige der Teilnehmer mussten leider mit Unterkühlung aus dem Wasser gezogen werden. Andere gaben vor Erschöpfung auf. Ungefähr 2/3 der Schwimmer kam jedoch trotz der extremen Bedingungen auf der anderen Seite an. Bei der Siegerehrung zeigte sich, dass ein junger Peruaner in nur 1 Std. und 43 Min. das andere Ufer erreicht hatte und eine 14-Jährige Chilenin mit 2 Std.  7 Min. die schnellste Frau des Wettkampfes war. 
Insgesamt ein super tolles und vorallem verrücktes und einmaliges Erlebnis. Nun sind wir mehr als motiviert im Juli wieder als Staffel am Half Iron Man in Arica (Chile) teilzunehmen. Das bedeutet: 2km schwimmen im Meer, 21 km rennen und 90 km Radfahren. Mal sehn, wie es uns dort auf Meereshöhe ergeht?!
Am Montag zurück in Arequipa wurde ich dann noch nachträglich mit meinem Lieblingsessen, einer fetten Schokotorte und vor allem einer Penata überrascht. Geburtstagfeiern auf Peruanisch. Seht demnächst die Fotos unter Capachica, Open Water Swim Contest und Peruanischer Geburtstag!!!